Die Titelfigur in Heiner Müllers Stück vereint einen unauflöslichen Widerspruch in sich. Im Zweikampf erringt der Horatier einen Sieg für seine Stadt, wird aber gleichzeitig zum Mörder an seiner eigenen Schwester, weil diese den Feind – ihren Verlobten – betrauert, statt den Sieger – ihren Bruder – zu bejubeln. Wie nun umgehen mit dem Helden/Mörder? Soll der Sieger geehrt oder der Mörder hingerichtet werden? Wie lassen sich Verdienst und Schuld nebeneinander stellen, ohne dass sie sich gegenseitig aufheben?
Müllers Parabel rüttelt an unserem hehren Selbstbild: Schaffen wir das, politische Ereignisse und ihre Protagonisten vielschichtig zu beurteilen, abwägend, emotional, aber ohne Angst? Bewerten wir mit der Zukunft im Blick, oder machen wir es uns lieber bequem inmitten von Polarisierung und vorschnellen Urteilen. Wir erweitern Müllers Text um persönliche Geschichten und Erfahrungen. Wer sind unser Helden, wer unser Schurken und warum? Können wir die Widersprüche unserer Geschichte(n) aushalten und gemeinsame Zukunftsperspektiven entwickeln?
Nämlich die Worte müssen rein bleiben. Denn
Ein Schwert kann zerbrochen werden und ein Mann
Kann auch zerbrochen werden, aber die Worte
Fallen in das Getriebe der Welt uneinholbar
Kenntlich machend die Dinge oder unkenntlich.
Tödlich dem Menschen ist das Unkenntliche.
Konzept: Agentur für Anerkennung
Regie: Reto Kamberger
Ausstattung, Dramaturgie: Ute Lindenbeck
Chor: Anna Dieterich
Spiel: Darinka Ezeta, Homa Faghiri, Ayham Hisnawi, Katharina Merschel, Fabian Neupert